Ein Blick auf aktuelle Zahlen offenbart Schwarz auf Weiß das Schwarze Loch der Altersarmut, in das bereits Millionen Rentner eingesogen wurden und weitere Millionen sich dem zerstörerischen Ereignishorizont unaufhaltsam nähern. Für viele gibt es kaum ein Entrinnen, dafür sind die geschaffenen sozioökonomischen Strukturen zu starr und zu sehr auf andere Prioritäten ausgerichtet. Die Opfer der „gesellschaftlichen Gravitation“ bleiben auf der Strecke und müssen in luftleerer Dunkelheit und unter immensem Druck zurechtkommen.

Ein Faktencheck

Mehr als jeder zweite Rentner in Deutschland bekommt weniger als 1.000 Euro Rente im Monat. Ein Drittel unserer Rentner hat weniger als 700 Euro Rente monatlich zur Verfügung. Und es geht weiter: Fast 25 Prozent liegen bei einer Rente von unter 500 Euro. Ohne Grundsicherung von etwa 800 Euro können die Lebenshaltungskosten natürlich nicht gestemmt werden, geschweige denn kleine lebenswerte Freuden im Alltag. Wir als Verein erleben tagtäglich Rentnerinnen und Rentner, die einfach nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Jeder Tag ist ein Rechenkunststück mit ein paar Cents in der Tasche, deren Klimpern vor Ende des Monats nicht mehr zu vernehmen ist.

Armut nimmt durch Corona dramatisch zu

Die Corona-Pandemie, die die Tafeln zum Schließen ihrer Ausgabestellen gezwungen hat, hat das Desaster in seiner ganzen Dramatik und Drastik pointiert: Geld für einen etwas größeren Einkauf, geschweige denn für einen Vorratseinkauf für zwei Wochen, hatten die Rentner nicht. Fünf bis zehn Euro am Tag lassen das nicht zu. Jetzt geht die Corona-Pandemie auch noch in die zweite Welle, die aktuellen Infektionszahlen toppen sich täglich. Laut dem Forscher Christoph Butterwegge verschärfe das Virusdrama die Situation der bedürftigen Rentner in besonderer Weise. Zum einen durch die Rezession, die die Armutsspirale weiter anheize, zum anderen auch durch zahlreiche Entlassungen im Minijobbereich. „Mehr als eine Million Kleinstrentner haben Minijobs, um über die Runden zu kommen. Davon sind viele durch die Beschränkungen weggefallen. Sie erhalten keine staatliche Leistung als Ersatz“, so die knallharte Realität.

Ein Blick auf Bayern

Der weiß-blaue Himmel verleitet den einen oder anderen vielleicht gerne mal dazu, die harte Realität aus den Augen zu verlieren. Denn tatsächlich sieht sich Bayern im Vergleich zu den anderen Bundesländern mit der höchsten Altersarmutsgefährdungsquote konfrontiert. 2018 waren 21,5 Prozent der über 65-Jährigen von Armut bedroht, 2019 bereits 22 Prozent laut VdK-Landesvorsitzender Ulrike Mascher. Der Trend ist eindeutig und das nicht erst seit dem vorletzten Jahr. Alleinlebenden Menschen und Frauen kommt ein noch mal zugespitzteres Risiko zu.

Gründe sind unter anderem in den oft hohen Lebenshaltungskosten zu suchen, die nur eine Richtung kennen und zwar die nach oben. Das Rentenniveau bewegt sich hingegen kaum aufwärts. Gerade Rentner, die Grundsicherung beziehen müssen, haben von Rentenerhöhungen gar nichts, da diese umgehend wieder mit der Grundsicherung verrechnet werden. Die Armutsfalle schlägt also auch hier wieder zu. Ein weiterer Grund sind die scherenartig auseinanderklaffenden Lohnniveaus vom Spitzenverdiener, den weniger zahlreichen Exemplaren, bis hin zu den mehrheitlichen Niedriglöhnern in der Hotel-, Gaststätten- oder Tourismusbranche, den bedürftigen Rentnern von heute, morgen, übermorgen … Auch wenn Verdienste in der Stadt durchschnittlich höher sind als auf dem Land, können diese die hohen städtischen Lebenshaltungskosten kaum abfedern. Viele Rentner sind daher auch gezwungen, im Alter aus der Landeshauptstadt wegzuziehen, da München einfach unerschwinglich geworden ist. Ein Umzug im Alter ist für viele allerdings mit erheblichen Anstrengungen verbunden, sei es körperlich, gesundheitlich, finanziell ohnehin, mental oder weil sie einsam sind, allein und keine Hilfe haben. Aber viele haben einfach keine Wahl.

Pläne für die Zukunft

Die Rentenkommission der Bundesregierung hat die demografische Entwicklung im Blick, die in den kommenden Jahren die Entwicklung der Altersarmut nur verschärft: wenn die Babyboomer-Jahrgänge der 1955 bis 1969 Geborenen in Rente gehen oder jene, die in den 1990er-Jahren von der Massenarbeitslosigkeit betroffen waren. Der Vorschlag der Rentenkommission sieht nun vor, das Renteneintrittsalter zwar bei 67 Jahren zu belassen, aber das Rentenniveau stark zu senken und den Beitragssatz deutlich anzuheben. Hört sich das gut an? Nein, definitiv nicht. „Ich habe den Verein ,Ein Herz für Rentner‘ aus einem sozialen Verantwortungsbewusstsein heraus für jene Menschen gegründet, deren lebenslanger Arbeitseinsatz die Armut nicht verhindern konnte. Und das ist nicht die Schuld der Rentner, das ist Resultat einer politisch-sozialen Gesellschaftsstruktur, bei der viel zu viele durchs Raster fallen. Den Absturz in die Armut können wir zwar nicht verhindern, aber für Hilfe und Erleichterung sorgen, wenn die Not am größten ist“, betont Sandra Bisping, 1. Vorstand des gemeinnützigen Vereins.