Wer ein Leben lang gearbeitet hat, darf sich auf sein Rentnerleben freuen, endlich seinen Hobbies nachgehen, Neues ausprobieren und nach Lust und Laune mal ein Käffchen mit der Rentnerclique in einem Café trinken? Leider geht die Rechnung in vielen Fällen so nicht auf. Miriam S. (73) hat immer gearbeitet. Doch jetzt dreht sich ihr Lebensinhalt hauptsächlich darum, zu sparen und alles, was Freude bereiten würde, auf ein Minimum runterzudrosseln bzw. ganz von der Lebenswertliste zu streichen. Denn mit einer Rente von 628 Euro lassen sich nicht mal die Lebenshaltungskosten stemmen. Hinzu kommen zwar noch eine rumänische Rente von 200 Euro und eine Grundsicherungsaufstockung von 517 Euro. Aber insgesamt ist das Budget so knapp, dass jeglicher Gedanke an Dinge, die eine Kleinigkeit kosten, um in deren Genuss und Erfüllung zu kommen, im Keim erstickt wird.

Neue Existenz

Miriam S. wanderte vor 35 Jahren aus Rumänien nach Deutschland aus. Dort arbeitete sie in einer Brotfabrik, weshalb sie eine kleine Rente aus Rumänien bezieht. In Deutschland angekommen, fand sie eine Anstellung als Putzkraft in einer Großküche. Leider musste der Betrieb schließen, sodass die Rentnerin vorübergehend arbeitslos wurde. Ihre Nachbarin vermittelte ihr damals einen neuen Job als Putzkraft in einem Casino.

Zwei Frauen, ein Team

Seit 20 Jahren wohnen die beiden Frauen bereits in einem Haus, nur durch ein Stockwerk getrennt. Aus Nachbarschaft wurde verbindliche Freundschaft, die keiner von beiden mehr missen möchte. „Wir sind ein Team“, wertschätzt Miriam S. die bereichernde Verbindung. „Zum Beispiel unterstützen wir uns gegenseitig beim Einkaufen: In der einen Woche kaufe ich für meine Nachbarin mit ein, in der anderen Woche kauft sie für mich mit ein.“ Auch leisten sie sich gerne bei einem Spaziergang Gesellschaft oder trinken zu Hause gemeinsam einen Kaffee. Die Nachbarin hat selbst 28 Jahre in der Altenpflege und 18 Jahre in der Diakonie gearbeitet. Aus dieser Zeit hat sie viele lustige Geschichten zu erzählen, mit denen sie die 73-jährige Miriam S. aufzumuntern versucht. Denn die Rentnerin leidet unter Einsamkeit und Ohnmacht, ihr Leben gestalten zu können: „Es ist so schwer, allein zu sein, mir fällt manchmal die Decke auf den Kopf und ich wünsche mir, einfach in den Bus zu steigen, irgendwohin zu fahren und mal was anderes zu sehen“, beschreibt sie ihre Sehnsucht nach Lebendigkeit.

„Meine Enkel schenken mir Freude“

Miriam S. hat zwei Töchter. Eine lebt in Rumänien. Leider kann sie sie nicht besuchen, weil dafür auf beiden Seiten kein Geld da ist. So ist es der Tochter auch nicht möglich, mal zu ihrer Mutter nach Deutschland zu kommen. Die andere Tochter wohnt glücklicherweise in München, sodass die Rentnerin sie und ihre beiden Enkelkinder regelmäßig sehen kann. „Einmal im Monat koche ich für meine Enkel, wenn ich Sonderangebote im Supermarkt gefunden habe oder vorher bei der Tafel war, damit ich was anbieten kann“, erzählt sie freudig, da für sie das monatliche Essen mit den Enkeln ein besonderer Moment des Glücks ist. Allerdings spürt die Rentnerin ihre finanziellen Grenzen schon wieder an dem Punkt, wenn sie ihren Enkeln mal eine Kleinigkeit schenken möchte, ob zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Die gähnende Leere des gewissenlosen Geldbeutels ist in jedem Augenblick so zu spüren, dass sich selbst in Momente der Freude eine diffuse Schwere einschleicht, die kaum abzuschütteln ist.

Dankbar für „Ein Herz für Rentner“

„Ich bin sehr dankbar und glücklich, dass ich bei ,Ein Herz für Rentner‘ aufgenommen wurde“, freut sich die Rentnerin, aber auch die Nachbarin. Sie hilft auch hier, in Kontakt mit dem Verein zu treten und die Angelegenheiten für Miriam S. zu regeln. Beide Frauen sind zusammen ein starkes Team, das füreinander da ist und immer wieder Wege findet, mit der schwierigen Grundsituation umzugehen. Wie wichtig persönliche Stützen im Leben bedürftiger Senioren sind, sehen wir vom Verein an jedem Schicksal, vor allem wenn diese Stütze fehlt. Daher Daumen hoch für diese Frauenpower.
Als weitere Stütze ist der Verein „Ein Herz für Rentner“ stets zur Seite. Bisher konnte er Miriam S. unter anderem mit C & A-Gutscheinen und einer Zuwendung für eine Stromnachzahlung und eine neue Matratze unterstützen. Außerdem bekommt sie unbefristet alle zwei Wochen eine Obst- und Gemüsekiste im Abo, sodass sie nicht mehr auf die Tafel angewiesen ist. „Wir freuen uns, unseren Rentnern die Obst- und Gemüsekiste anbieten zu können“, betont Sandra Bisping, 1. Vorstand des Vereins. „Deren Gesundheit liegt uns sehr am Herzen.“