Marion N. wollte immer arbeiten, doch gab ihr kaum jemand eine Chance. Jetzt als 59-Jährige bekommt sie eine Erwerbsunfähigkeitsrente von nur 737 Euro plus eine Unfallrente von 202 Euro. Zu wenig, um zu überleben bei einer Miete von 700 Euro. Daher erhält sie noch Grundsicherung in Höhe von 259 Euro.

Das Schicksal schlägt mehrmals zu

Mit sieben Jahren wurde aufgrund einer Masernerkrankung ihr Gehör so in Mitleidenschaft gezogen, dass sie seither hörbehindert ist. 22 Jahre später, als sie gerade mit dem Rad zur Arbeit unterwegs ist, wurde Marion N. von einem Laster erfasst und überrollt. Sie erlitt einen Schädelbruch, Gehirntrauma und Rückenverletzungen. Viele Gehirn- und Rücken-OPs konnten ihr Überleben sichern, doch so richtig wiederherstellen konnten sie die 29-jährige junge Frau nicht mehr. Seither ist sie zu 100 Prozent behindert. „Ich habe mich oft gefragt: Warum ich?“, sagt Marion N. Denn als ob sie nicht schon genug unter den körperlichen Einschränkungen zu leiden hätte, hinterließ noch Mobbing aus ihrem sozialen Umfeld in ihrer Psyche deutliche Spuren. „Man hat mich ständig niedergemacht. Du hörst nichts, du kannst nichts.“

Der Arbeitsmarkt lehnt sie ab

„Weil ich behindert bin, finde ich keinen Job. Da kann man noch so tüchtig sein: Eine Behinderte will niemand einstellen“, so das traurige Fazit der vom Schicksal gezeichneten Rentnerin. Sie schloss eine Lehre als Hauswirtschafterin ab. So wundert es nicht, dass ihre Wohnung blitzblank und strahlend sauber ist. Trotz Gewissenhaftigkeit und nachdrücklichen Arbeitswillens wollte kein Unternehmen Marion N. einen Arbeitsvertrag anbieten. Eine Stiftung gab ihr schließlich eine Chance. Hier konnte sie in der sogenannten Konfektion arbeiten: Feuerzeuge zusammenstecken und Infobriefe in Kuverts legen. Intern wechselte sie vor Kurzem in die Datenverarbeitung. „Die Arbeit macht mir Spaß. Auch weil ich mir was dazuverdienen kann.“

Ein Herz für Rentner ist für Marion N. da

Schikane und Ablehnung ziehen sich wie ein roter Faden durch das Leben von Marion N. Dennoch hat sie sich nicht unterkriegen lassen und empfindet Freude und Dank für Dinge, die als Geschenk und Zuwendung in ihr Leben kommen. So freut sie sich beispielsweise über ein medizinisches Bett, das ihr der Verein „Ein Herz für Rentner“ mit Spendenmitteln finanziert hat. „Ich kann per Knopfdruck Kopf- und Fußteil hoch und niedrig stellen“, so die Rentnerin. Als chronische Schmerzpatientin als Spätfolge des Unfalls ist sie sehr dankbar über diese Entlastung. Auch mit einer neuen Matratze konnte ihr der Verein unterstützend unter die Arme greifen. Zudem leidet sie unter diabetischer Polyneuropathie: Die Füße schwellen immer wieder an. So hart sich der Alltag täglich auch zeigt, hat Marion N. dennoch ein kleines Schlupfloch für sich entdeckt: Ihre Fantasie. „Zurzeit stelle ich mir vor, wie ich mit einem Bus an die Pommersche Küste fahre. Von dieser Erholungskur an der Ostsee habe ich in einem Magazin gelesen.“